Bester Sound trotz Nachbarn
Verstärker an. Gitarre eingesteckt. Nochmal nachstimmen, während die Röhren vorheizen. Dann ist es soweit, endlich wieder dieser Moment wie Marty McFly in Back to the Future: Plek in die Höhe gestreckt, erwartungsvolle Spannung. Plötzlich rauscht die Hand runter, nähert sich den Saiten, der Amp rauscht erwartungsvoll. Bääm! In der selben Sekunde in der das kleine Stück Plastik in der Hand die Saiten trifft und der Speaker einem schonungslos entgegen brüllt… klingt es an der Tür. Der Nachbar: „Hast du sie noch alle mit deinem Krach? Mach das Ding leiser!“
Diese Realität trifft irgendwann fast jeden Gitarristen. Die Lautstärke aus dem Proberaum, kochende Endstufenröhren und Speaker am Limit sind zu Hause für die meisten einfach nicht zu erreichen. Doch inzwischen gibt es immer mehr Lösungen um auch nachts um 3 Zuhause noch coole Sounds zu produzieren, ohne Besuch vom Ordnungsamt zu bekommen. Hier stellen wir euch ein Paar Lösungen vor, um (fast) kompromisslosen Sound auch zu Hause zu erreichen.
Modelling- & Digital-Amps
Modelling hat eine interessante Entwicklung durchlaufen. Spätestens mit Einführung des ersten Line 6 POD als Heilsbringer für diverse Rock- und Pop Produktionen und Allzweckwaffe im Studio. Dieser stand für fertige Gitarrensounds inklusive aller Reverb-, Delay-, Overdrive- und Distortion-Effekte, direkt ins Mischpult. Kein Schleppen von schweren Vintage-Amps oder aufwendiges Mikrofonieren, nicht einmal ein Stimmgerät waren mehr vonnöten. Die rote Bohne simulierte recht detailliert den Sound von alten Klassikern, vor allem VOX, Marshall und Fender Amps.
Der verhältnismäßig günstige Preis, Flexibilität und die Verwendbarkeit im Home-Recording ließen den POD und seine Nachfolger zum Standard im Bereich Modelling und einem Vorreiter für viele Produkte werden, die folgen sollten. Doch gleichzeitig gab es immer noch viele Puristen, die mit dem ganzen „digitalen Schnickschnack“ nichts zu tun haben wollten. Die (möglichst alte) Fender Stratocaster oder Gibson Les Paul gehört natürlich in einen (auch alten) Marshall JCM800 oder JTM 45, Fender Twin oder Tweed Bassmann gestöpselt, alles andere grenzt an Hochverrat an der Gitarrenzunft. Und tatsächlich waren speziell die Dynamik und das Spielgefühl schlicht nicht auf der Höhe der echten Vorbilder.
... Zurück in die Zukunft
Doch mit immer mehr technischem Fortschritt und Verbesserungen von Modelling-Algorithmen sieht die Welt heute inzwischen ganz anders aus: Amp-Modelle werden immer originalgetreuer und lassen sich in Aufnahmen teilweise nicht mehr von ihren echten, im Studio aufgenommenen Vorfahren unterscheiden. An dieser Stelle ebenfalls zu nennen ist der Profiling Amplifier von Kemper, der mittels einer eigens entwickelten Methode „Klang-Abdrücke“ bestehender Amp-Box-Mikrofon-Kombinationen erstellt. Diese sogenannten Profiles kommen den Originalen so nah, dass Kemper Amps mittlerweile auch auf den größten Bühnen der Welt zu sichten sind.
Modelling und andere digitale Verstärker sind damit inzwischen eine mehr als ernst zu nehmende Lösung für Zuhause. Da die meisten nicht nur über einen Kopfhörerausgang für fast geräuschloses Üben zu jeder Tageszeit verfügen, sondern meist auch einen oder mehrer Ausgangskanäle beinhalten, können sie problemlos an ein Audio-Interface angeschlossen und aufgenommen werden. Hier stellen wir euch einige unterschiedliche Modelle vor.
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Loadboxen & Attenuator
Die Wenigsten werden wahrscheinlich die Möglichkeiten haben, ihr 100 Watt Vollröhrentopteil mit passender 4x12-Box im heimischen Wohnzimmer betreiben zu können, ohne auf Dauer einen Nachbarschaftskrieg auszulösen. Wer trotzdem nicht auf seinen heißgeliebten Röhrenamp verzichten, aber trotzdem Zuhause üben möchte, dem sei ein sogenannter Attenuator, oder auch Loadbox oder Power Soak genannt, ans Herz gelegt.
Diese Geräte werden zwischen Verstärker und Speaker gehängt und sorgen dafür, dass nur ein gewisser, einstellbarer Teil der Verstärkerleistung beim Lautsprecher ankommt. Dadurch kann auch ein sehr leistungsstarker Röhrenverstärker, der gerade so richtig schön in die von vielen Gitarristen geliebte Endstufensättigung fährt, bei Zimmerlautstärke und ohne Klangverlust gespielt werden. Die meisten Loadboxen bieten auch die Möglichkeit, als so genannter Silencer zu fungieren, also gar kein Signal an die Box zu schicken. Dann könnt ihr über den Headphones Out euren Kopfhörer anschließen oder über den Line Out bequem und mit minimalem Lautstärkepegel ins Audio-Interface aufnehmen. Im Computer muss dann allerdings noch eine sogenannte Impulse Response, also eine Boxensimulation, hinzugefügt werden, sofern der verwendete Attenuator diese Funktion nicht sogar integriert hat.
Nicht kleckern, sondern OX’n!
Besonders zu erwähnen ist hier der OX-Amp aus dem Hause Universal Audio. Dabei handelt es sich nicht nur um eine hervorragend arbeitende Loadbox, der OX bietet außerdem weitere Features, die Gitarristen zu begeistern wissen. Die integrierte Boxensimulation bietet zahlreiche verschiedene Speakermodelle in unterschiedlichen Konfigurationen und Bauweisen sowie diverse, frei kombinierbare Mikrofonmodelle.Um euch einen noch besseren Überblick über die umfangreichen Features des OX-Amps zu geben, schaut euch das Video an, in dem euch unser Olli – seines Zeichens Analog-Fetischist und Digital-Skeptiker – und Benny von UAD den OX in Theorie und Praxis vorstellen.
Im Zusammenspiel mit dem frei regelbaren und hochwertigen Raumhall findet sich für jeden Geschmack ein erstklassiger Sound zum Aufnehmen per Line Out oder zum stillen Üben zu später Stunde über den Kopfhörerausgang. Die Einstellungen können dabei mit der speziellen OX Desktop- oder Mobile-App bearbeitet und als Preset gespeichert werden. Sechs dieser Presets lassen sich für schnellen Zugriff auf den mit dem RIG-Regler auswählbaren Speicherplätzen hinterlegen. So kann man sich im hektischen Livebetrieb auf das Wesentliche konzentrieren und das iPad ruhigen Gewissens zu Hause liegen lassen.
Ihr wollt zu Hause mal so richtig aufdrehen, ohne dass die Ohren und die Nachbarn klingeln? Hiermit klappt’s!
Neben dem OX-Amp haben wir noch weitere Attenuator und Loadboxen für euch ausgewählt. Und wenn ihr noch mehr über E-Gitarren Recording mit Attenuators und DI-Boxen erfahren wollt, klickt einfach auf den eingebetteten Link.
Gitarren-Software
Eine weitere Möglichkeit, in aller Stille am eigenen Gitarrenspiel zu arbeiten, ist die Nutzung von spezieller Amp-Modelling Software auf eurem Rechner. Diese unterscheiden sich in Funktionsweise und Umfang je nach Hersteller, aber jede ist mit einem Modelling Amp vergleichbar, der die Rechenleistung eures Computers und die Anschlüsse eures Interfaces nutzt. Diese Software kann dann direkt als Plugin in eure DAW eingebunden und zum Aufnehmen genutzt werden.
Audio-Interfaces gibt es in den verschiedensten Größen und Ausstattungen. Für die Verwendung einer Amp-Simulations sollte darauf geachtet werden, dass das Interface über einen Instrumenteneingang, auch Hi-Z Eingang genannt, verfügt. So findet eine optimale Vorverstärkung eures Gitarrensignals statt, welches optimal von der Software verarbeitet werden kann. Wie viele Ein- und Ausgänge euer Audio-Interface haben sollte, bestimmt in der Regel euer Anwendungsgebiet. Wenn ihr lediglich eure Gitarre mit etwas Gesang und vielleicht noch ein externes Keyboard aufnehmen möchtet, reichen einfache Varianten aus. Diese haben in der Regel maximal 1 bis 4 Eingänge für Mikrofone, Gitarren und externe Klangerzeuger. Nach oben sind – wie so oft – die Anschlussmöglichkeiten offen. Als kleines Extra befindet sich in den meisten Fällen eine Recording-Software (Light-Version) im Lieferumfang der Audio-Interfaces. So steht eurem sofortigen Start nichts mehr im Wege.
Die perfekte Ergänzung für eure Gitarren-Software: Praktische Audio-Interfaces aus dem Hause session
Ob ihr euch letztendlich für einen Amp aus dem Digital-Modelling Bereich, die Leistung reduzierende Load-Box-Variante oder eine Gitarren-Software mit umfangreichen Editiermöglichkeiten entscheidet, ist eigentlich egal. Hauptsache ihr macht Musik und habt Spaß dabei! Mit diesen drei Herangehensweisen bekommt ihr besten E-Gitarren-Sound, trotz reduzierter Lautstärke.
#makemoremusic